Es scheint erstmal absurd, in

vier bis acht Quadratmeter

kleinen Zellen die Freiheit zu

suchen. Sich ausgerechnet in

reinem Weiß einzurichten, wenn

es darum geht, dem Einheitsbrei

zu entkommen. Und universelle

Formen zu wählen, um einen

Lebensentwurf zum Ausdruck zu

bringen, der kompromisslos und

individuell ist. Ausdruck – allein

das Wort drängt nach außen,

greift Raum, fordert Farbe und

unstete Konturen. Jedenfalls in

der Logik der Lifestylebranche,

deren bunte Kataloge Absalon

Ende der Achtzigerjahre immer

wieder impulsiv „korrigierte“.

In seinen „Interieurs Corrigé“

zeigt sich der Drang zur Ver-

änderung, der später auch die

„Cellules“ prägen sollte: Der

Künstler entfernte Muster, re-

duzierte Möbel zu Rechtecken

und übertünchte Details mit

Nuancen von Nichtfarben, bis

aus aufwendig durchdekorierten

Wohnbeispielen monochrome

Collagen im Bauhaustil wurden.

Bereits in jungen Jahren hatte er

klare Vorstellungen davon, wie er

selbst leben wollte; den Einrich-

tungsstil, der seine Kindheit in

den Siebzigern dominiert hatte,

fand er unausstehlich. Formal

waren Absalons Ideale eng mit

der Moderne der zwanziger

Jahre verwandt. Seine Ideen

sind indes bis heute unvereinbar

mit allem, was die Architektur je

hervorgebracht hat.

Sein erstes Haus hatte Absalon,

der eigentlich Meir Eshel hieß,

im Alter von 20 Jahren gebaut;

es war eine Hütte aus Holz,

die in den Dünen südlich seiner

Geburtsstadt Ashdod, einer

großen Hafenstadt Israels,

stand. Als Absolvent der Militär-

akademie in Haifa stand ihm

eigentlich eine vielversprechende

Karriere bei der israelischen

Luftwaffe bevor, die er zunächst

aufgab, um im Sinai mit Bedui-

nen durch die Wüste zu ziehen.

Weil ihn aber auch das Noma-

menschliche Ansprüche allge-

denleben nicht erfüllte, begann

meingültig waren, konnte er sich

er, in seinem selbstgezimmerten allerdings gar nicht anfreunden.

Häuschen Nietzsche zu lesen,

„Ich bin 15 Zentimeter zu groß,

selbstgemachten Schmuck zu

deshalb passen mir alle Türgriffe,

verkaufen und auf ein Flugticket alle Armaturen und Toiletten

nach Frankreich zu sparen. In

etc. nicht“, erzählte er bei einem

Paris hatte er einen Onkel, der

Vortrag dem Publikum. Im Ge-

enge Kontakte zur Kunstszene

gensatz zu „Corbu“ und anderen

pflegte. So wurde Absalon,

Vertretern der modernen Ge-

kaum in der neuen Stadt an-

staltung hatte Absalon als freier

gekommen, mit bedeutenden

Künstler nicht den Anspruch,

Protagonisten der Avantgarde

Lösungen für viele zu schaffen

bekannt. Er belegte Kurse an

Kunsthochschulen und widmete

sich bald vor allem skulpturalen

Wohnraumminiaturen, die die

Wechselbeziehung zwischen

Raum und Bewohner radikalen

Bedingungen unterwarfen.

Die Arbeit an den „Cellules“

begann Absalon mit akribischen

Bewegungsstudien und Vermes-

sungen seines eigenen Körpers.

Er war 1,95 Meter groß – und

damit ganze 15 Zentimeter

größer als der „Durchschnitts-

mensch“, auf dessen Basis

Le Corbusier einst seine berühm-

ten Wohnmaschinen entworfen

hatte. Umso erstaunlicher, dass

Absalon seine Wohneinheiten

im Schnitt nur etwa halb so

groß anlegte, wie der Architekt

seine „Zellen im menschlichem

Maßstab“. Absalon mochte

Le Corbusier und bezog 1991

selbst ein berühmtes Bauwerk

von ihm, die Villa Lipschitz in

Boulogne. Was er an der Moder-

ne schätzte, war die Ablehnung

alles Dekorativen, ihre Klarheit

und Präzision. Mit der Idee, dass

At first, it seems absurd to

search for freedom in small cells

with a footprint of four to eight

square metres. Intentionally

setting up home in a pure white

room when it comes to escaping

the monotony. And choosing

universal shapes in order to

express a lifestyle that is uncom-

promising and individual. Ex-

pression – the word alone push-

es outward, takes hold of space

and calls for colour and erratic

contours. At least according to

the rationale of the lifestyle

sector whose colourful cata-

logues Absalon impulsively

“corrected” again and again at

the end of the 1980s. In his

Interieurs Corrigés, he demon-

strated the urge for change that

was also to later influence the

Cellules: the artist removed

patterns, reduced furniture to

rectangles and glossed over

details with nuances of non-

colour until typical elaborately

decorated homes were turned

into monochrome collages in the

Bauhaus style. He already had

clear ideas at a young age about

how he wanted to live his own

life; he found the furnishing style

that dominated his childhood in

the 1970s unbearable. In formal

terms, Absalon’s ideals were

Disposition, 1990

Installationsansicht/ Installation

KW Institute for Contemporary Art, 2010

Foto/ Photo: Uwe Walter, 2010

Holz, Karton, weiße Dispersionsfarbe,

6 Neonröhren, 40 Elemente/

Wood, cardboard, white paint,6 neon

lights, 40 elements

140 x 928 x 1028 cm;

courtesy Collection du Fonds régional

d’art contemporain Languedoc-Roussillon

closely akin to the Modernist

style of the 1920s. However, his

ideas are still today incompatible

with everything that architecture

has ever produced.

Absalon, whose name was

actually Meir Eshel, built his first

house at the age of 20; it was a

wooden hut in the dunes to the

south of Aschdod, a large Israeli

port and the city of his birth. As a

graduate of the Military Academy

in Haifa he had a promising

career ahead of him in the Israeli

Air Force that he initially gave up

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