oder irgendjemandes Alltag zu

erleichtern. Er wollte das eigene

Leben intensivieren, indem er die

Gewohnheit durchbrach. Auch

er berechnete penibel – zum

Beispiel die Anzahl an Kleiderbü-

geln, die er besitzen würde oder

den Abstand zu seinem poten-

ziellen Besucher (immer nur einer

konnte dort sein, exakt 40 Zenti-

meter von ihm entfernt sollte er

sitzen.) Aber wie die Lehren des

Zen entzieht sich die Bauweise

seiner Zellen dem Regelwerk

jedes logischen Rationalismus.

Die standardisierten Bewegungs-

abläufe, mit denen Le Corbusier

oder auch die Bauhäusler ge-

arbeitet hatten, wollte Absalon

mit Häusern hinterfragen, die so

passgenau „maßgeschneidert“

waren, dass sie neue Wohn- und

Denkweisen motivierten. Von

der Enge versprach er sich, mit

dem Raum in intensiven Dialog

treten und Rituale entwickeln zu

können, die wirklich die eigenen

waren. Zwar sollte jede seiner

Zellen so ausgestattet sein,

dass für alle Grundbedürfnisse

gesorgt, also ein autonomes,

wenn auch nicht völlig autarkes

Wohnen gewährleistet war.

Doch anstatt konventionellen

Funktionalitäten zu folgen, sollte

ihn jede einzelne Konstruktion

zu ungewohnten Bewegungen

bringen; ihn, wie er es selbst

einmal beschrieb, zum Tanz auf-

fordern. Er gab zu, dass sich so

ein Engtanz mit dem Innenleben

der Zelle zunächst zwanghaft

und unbequem anfühlen würde.

Doch sobald er die Bewegungen

verinnerlicht hätte, wie gläubige

Menschen das Beten, würden

sie ihn bereichern. Wenn er sich

den vorhandenen Raum auf diese

Weise zu eigen mache, würde

er, so meinte er, mental an ihm

wachsen.

Als ehemaliger Flugzeugtech-

niker fertigte Absalon ausge-

klügelte Skizzen, entwickelte

Modelle und Prototypen. Die

Zelle für Paris realisierte er so-

weit, dass sie fast bezugsfertig

war. Man hätte sie bloß noch

am vorgesehenen Ort platzieren

und ans städtische Versorgungs-

netz anschließen müssen, als

Absalon 1993 an den Folgen

seiner Aidserkrankung starb. Die

Grundlage seines Lebenswerks

hat er trotzdem vollbracht, weil

alle wichtigen Entscheidungen

bereits in Entwürfen manifestiert

waren: „Das Auswählen erscheint

mir das Größte, das Herrlichste,

was ich mir verschaffen kann“,

dozierte er wenige Monate vor

seinem Tod an der École Natio-

nale Supérieure des Beaux-arts

in Paris. „Ich habe meinen

Wohnraum ausgewählt, ich habe

meine Art zu schlafen und zu

essen ausgewählt, ich habe die

Höhe meiner Türklinke ausge-

wählt. (...) Ich habe den Abstand

zwischen meinen Wünschen und

meiner Wirklichkeit überwun-

den.“ Absalons radikal subjektive

Art, sich den Raum zu erschlie-

ßen, wirft eine Frage auf, die sich

jeder Gestalter, jeder Architekt,

jedes Individuum dann und

wann stellt: Müssen die Dinge

unbedingt so sein, wie sie sind?

Mit seinen Zellen wollte er keine

Antworten, lediglich Anregungen

geben. „Ich möchte die Men-

schen einfach ermuntern, sich

nicht der Logik zu unterwerfen,

die uns vorgelebt und in Einrich-

tungskatalogen präsentiert wird.

Wählt, wählt euer Leben.“

nstallationsansicht/ Installation

KW Institute for Contemporary Art, 2010

Foto/ Photo: dreusch.loman, 2010

von links nach rechts/ left to right:

Cellule No. 5, 1991

Cellule No. 3, 1991

Cellule No. 4, 1991

Cellule No. 1, 1991

ABSALON – CELLULES

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ABSALON – CELLULES

to travel across the desert with

Bedouins in Sinai. However, the

nomadic life did not fulfil him and

he began to read Nietzsche’s

works in his self-built cottage, to

sell home-made jewellery and to

save for a plane ticket to France.

He had an uncle in Paris who

was in close contact with the art

scene. Absalon, who had just

arrived in the new city, therefore

became acquainted with the

most important avant-garde

protagonists. He attended cours-

es at colleges of art and soon

devoted himself in particular to

sculptural miniatures of living

space that subjected the interre-

lationship between space and

inhabitants to radical conditions.

Absalon began the work on the

Cellules with meticulous motion

studies and measurements of his

own body. He was 1.95 m tall –

and therefore 15 whole centime-

tres bigger than the “average

person” on the basis of whom

Le Corbusier once designed his

famous machines for living. It

was all the more astonishing that

Absalon created his residential

units to be on average half the

size of the architect’s “cells on a

human-scale”. Absalon liked Le

Corbusier and acquired one of

his famous buildings himself in

1991, Villa Lipschitz in Boulogne.

What he valued about modernity

was the rejection of all decora-

tive elements, its clarity and

precision. However, he could not

accept the idea that human

needs were universal. “I am 15 cm

too tall and so all door handles,

fittings and toilets etc. are un-

suitable”, he once told the audi-

ence at a lecture. In contrast to

“Corbu” and other representa-

tives of modern design, Absalon